Als die Maus die Konsole eroberte: Alle Disney / Capcom Spiele im Überblick

1987 – 1993: Alle NES Spiele

1987 / 1988: Mickey Mousecapade

Das erste Spiel ist kein Spiel von Capcom. Tatsächlich wurde Mickey Mousecapade bereits 1987 in Japan veröffentlicht und von Hudson Software entwickelt, blieb zunächst jedoch exklusiv in Japan. Als Capcom und Disney den Vertrag unterschrieben veröffentlichte Capcom das Spiel in den USA, jedoch mit einigen Änderungen.

Im japanischen Original geht es darum, dass Minnie und Mickey verschiedene Welten, darunter Neverland, bereisen um schlussendlich in Wonderland Alice aus den Fängen der Herzkönigin zu befreien. Dabei treffen die beiden Mäuse zahlreiche Figuren aus dem Film von 1951 als Gegner. Für die US-Version wurde jede Referenz an Alice in Wonderland entfernt. Warum, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Meine Theorie ist jedoch, dass das NES damals in den USA vor allem an Jungs vermarktet wurde und Alice vielleicht als „Mädchenfilm“ galt? Es wäre nicht das erste und auch nicht das letzte Mal gewesen, dass japanische Spiele für den Westen dergestalt verändert wurden, dass sie mehr Jungs ansprechen sollten.

Das Gameplay bleibt jedoch in beiden Versionen gleich: Die beiden Mäuse durchqueren fünf Levels, wobei zwei Levels Labyrinthe darstellen. Mit magischen Sternen in der US-Version und Eiern in der japanischen Version schießen beide auf alles was sich bewegt. Es ist tatsächlich ein recht simples Spiel, wie viele Hudson-Spiele jener Zeit. Nach rund 30 Minuten ist das Spiel dann auch wieder vorbei.

1989: DuckTales

Das erste von Capcom selbst entwickelte Disney-Spiel gilt als einer der großen Klassiker der NES-Bibliothek. Basierend auf der DuckTales-Serie aus den späten 80er Jahren begleitet ihr Dagobert Duck durch den Amazonas, Transsilvanien oder eine afrikanische Mine auf der Suche nach fünf sagenumwobenen Schätzen, die den Erpel noch reicher machen sollen. Schließlich braucht der Geldspeicher noch ein paar Sehenswürdigkeiten.

Das Jump’n’Run unterscheidet sich von anderen Spielen dieser Zeit dadurch, dass etwas mehr Wert auf die Erkundung gelegt wird. Überall lassen sich Diamanten finden, die den Geldspeicher weiter füllen. Wer am Ende der fünf Levels 10 Millionen Dollar zusammen hat, darf sich sogar auf eine etwas andere Endsequenz freuen. Ansonsten springt ihr mit einem Pogo-Stock auf Gegner und könnt durch einen gezielten Schlag mit dem Stock Steine und andere Gegenstände auf Gegner und Schatzkisten werfen.

Auch die Spielbalance ist für Capcom-Verhältnisse sehr angenehm (zeitgenössische deutsche Spielkritiken attestierten dem Spiel dagegen einen „zu einfachen“ Schwierigkeitsgrad). Hier kommt der Einfluss der Disney-Produzenten zum Vorschein, welche das Spiel vor allem für Kinder und Familien zugänglich halten wollten. Eine Vorgabe, die für Capcom für alle weiteren Disney-Spiele gelten sollte.

Das Spiel war ein Riesenerfolg für Capcom: Weltweit wurden 1,67 Millionen Exemplare verkauft; damit gehört DuckTales zu den 75 meistverkauften NES-Spielen, die mindestens eine Million Exemplare abgesetzt haben. Es war auch das meistverkaufte NES-Spiel von Capcom.

1990: Chip ’n Dale – Rescue Rangers

Endlich konnte Capcom auf dem NES einen echten Mainstream-Erfolg landen und damit war der Grundstein für eine weitere und vor allem intensive Zusammenarbeit zwischen Disney und Capcom gelegt. Vor allem die damaligen Zeichentrickserien von Disney boten gute Vorlagen: Sie liefen wöchentlich prominent im Fernsehen und hatten daher einen hohen Wiedererkennungswert. Nicht ganz unwichtig, wenn Eltern für ihre Kinder neue Spiele kauften.

Ein großer Erfolg war auch die Versoftung von Chip & Chap – Ritter des Rechts, wie die Zeichentrickserie in Deutschland hieß. Insgesamt wurden 1,2 Millionen Exemplare verkauft. Capcom bewies damit, dass sie kein One-Hit-Wonder waren, sondern den Erfolg wiederholen konnten – sicherlich auch durch die tatkräftige Marketingunterstützung von Disney.

Spielerisch durchqueren die beiden Eichhörnchen 10 Level und werfen Kisten auf allerlei Gegner. Dabei überzeugt vor allem das Leveldesign, das auf die Charaktere Rücksicht nimmt. Es ist schon cool, wenn man durch überdimensionale Casinos oder Küchen hüpft und ein kleiner Wasserstrahl als Wasserfall dargestellt wird.

Außerdem überzeugt die Versoftung durch einen unterhaltsamen Koop-Modus für zwei Spieler, in dem Chip & Chap gleichzeitig gesteuert werden.

1990: Adventures in the Magic Kingdom

Dass nicht jedes Spiel mit Disney-Lizenz automatisch zum Millionenseller wird, musste Capcom mit Adventures in the Magic Kingdom feststellen. Von der internationalen Spielepresse verschmäht und auch kommerziell ein Flop, gehört dieses Spiel zu den schlechtesten Spielen in der Zusammenarbeit. Dabei ist die Prämisse gar nicht mal so übel: Der Spieler soll für Mickey, Goofy und Donald sechs Schlüssel in Disneyland finden, die das Tor zum magischen Schloss öffnen. Dabei gilt es Quiz-Fragen zu beantworten und Minispiele in den Attraktionen Haunted Mansion, Pirates of the Caribbean, Big Thunder Mountain Railroad, Autopia und Space Mountain zu bestehen.

Das Problem: All diese Spiele sind äußerst kurz, sodass geübte Spieler nach rund 20 Minuten alles gesehen haben. Das ist selbst für NES-Verhältnisse mager. Tatsächlich war für das Spiel auch ein weitaus größerer Umfang geplant, jedoch fiel aus Zeitgründen vieles der Schere zum Opfer – denn das Spiel wurde zeitgleich zu anderen Capcom-Spielen entwickelt.

Schade um das Konzept, da ein Spiel innerhalb eines Themenparks eine sehr interessante Prämisse ist. Tatsächlich würde ich mir dieses Konzept heute mit zeitgemäßer Technik sehr unterhaltsam vorstellen.

1991: The Little Mermaid

Der Kinofilm Arielle, die Meerjungfrau war 1989 ein riesiger Erfolg für die Disney Animation Studios und zog nicht nur zahlreiche Fortsetzungen nach sich, sondern auch eine große Merchandise-Palette. Vor allem unter jungen Mädchen war die Merrjungfrau beliebt und anders als noch wenige Jahre zuvor, eroberten eben jene Mädchen auch immer mehr die Welt der Videospiele. Daher war die Entscheidung für ein Spiel mit Arielle gar nicht so seltsam, wie es auf dem Papier klingt. Tatsächlich wurde das Spiel allein im ersten Jahr über 500.000 mal Verkauft und erfreute sich unter der weiblichen Zielgruppe großer Beliebtheit. Jedoch legiglich in den USA und Japan – aus unerfindlichen Gründen erschien die NES-Version nie in Europa.

Spielerisch ist auch The Little Mermaid unter den einfachen Titeln des Systems anzusiedeln. Und während die vorherigen Spiele den Ruf hatten Kinderspiele zu sein, waren hier kleine Kinder tatsächlich von vornherein die Zielgruppe – weswegen der Schwierigkeitsgrad nochmal um einiges einsteigerfreundlicher als bei den DuckTales und Chip & Chap war. Mit Arielle schwimmt ihr durch fünf bunte Unterwasserlevels und ihr könnt mit Arielles Schwanz Wasserblasen auf Gegner schießen. Diese werden dann von der Blase eingeschlossen und anschließen kann Arielle diese Gegner gegen weitere Gegner werfen.

Ansonsten ist das Spiel sehr linear – ein Exploration-Element wie im DuckTales-Spiel gibt es hier nicht. Weswegen das Spiel nach rund 25 Minuten auch schon wieder vorbei ist.

1991: TaleSpin

Etwas interessanter wurde es dann mit der nächsten Versoftung einer anderen Zeichentrickserie: TaleSpin. Oder auf Deutsch: Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew. In dieser Serie wurden einige Figuren aus dem Dschungelbuch-Film von 1967 adaptiert. So arbeitet Balu als Pilot, erlebt mit seiner Chefin Rebecca und seinem Ziehsohn Kit Wolkenflitzer allerlei Abenteuer und muss sich mit dem Konzern von Shir Khan (ebenfalls aus dem Dschungelbuch) auseinandersetzen. Insgesamt gab es eine Staffel mit 65 Folgen.

Für die mittlerweile fast schon obligatorische Versoftung entschied sich Capcom für das Shoot’em Up-Genre. Eigentlich auch ganz passend zur Vorlage. Für Rebecca muss Balu Fracht transportieren, während Shir Khan die Luftpiraten anheuert, um das Unternehmen zu sabotieren. In 8 Levels fliegt ihr abwechselnd vertikal und horizontal durch die Level und schießt auf alles, was sich bewegt. Dabei sammelt ihr Geld, das ihr zwischen den Levels für Upgrades ausgeben könnt. In jedem Level gibt es auch einen Geheimgang zu einem Bonusabschnitt mit Kit Wolkenflitzer, in denen ihr Extraleben erspielen könnt.

Der Schwierigkeitsgrad ist nicht ohne und ein wenig das Gegenteil von Arielle. Man braucht schon etwas Übung, um durch die Level zu kommen.

1992: Darkwing Duck

Der dritte große Klassiker in dieser Reihe ist zweifelsfrei Darkwing Duck. Nicht nur das Spiel, sondern auch die Vorlage, von der insgesamt 3 Staffeln und 91 Episoden produziert wurden. Dabei ist Darkwing Duck eine Satire auf das Superhelden-Genre und spielt in Sankt Erpelsburg, das neben Entenhausen liegt. Dort lebt eine exzentrische wie tollpatschige Ente namens Eddie Erpel, Adoptivvater der kleinen Kiki. Nachts bekämpft er als Superheld Darkwing Duck gemeinsam mit Quack dem Bruchpiloten das Verbrechen in seiner Stadt. Auch die Bösewichte sind zum großen Teil satirische Kommentare auf Bösewichte aus Batman, Superman & Co.

Die Versoftung kann am ehesten als Mega-Man-Reskin beschrieben werden, was ja nicht so schlecht ist, da Capcom auch für den blauen Roboter verantwortlich zeichnete. Auch hier lauft ihr von links nach rechts und bekämpft die Gegner mit einem Blaster. Zudem gibt es teils herausfordernde Sprungpassagen und am Ende jedes Levels wartet ein Bösewicht aus der Serie zum Zweikampf. Extrawaffen können in den Levels gefunden und per Select-Taste ausgewählt werden. Der Schwierigkeitsgrad ist ebenfalls in etwa auf dem Level von Mega Man: Nicht sonderlich unfair, aber auch kein Spaziergang.

2018 kam dem Spieleentwickler Simon Thomley (u.a. Sonic Mania) die Idee einer Fortsetzung. Während Capcom sich zunächst interessiert zeigte, kam von Disney eine Absage. Man wäre an diese Art Spiele nicht interessiert. Den Prototypen, mit dem der Entwickler seine Idee an Capcom und Disney pitchte, wurde später auf YouTube veröffentlicht.

1993: DuckTales 2

Die Rückkehr nach Entenhausen fand nur noch vor einem kleinen Publikum statt: 1993 war die Zeit des NES abgelaufen und spätestens mit der Veröffentlichung des SNES ein Jahr zuvor konzentrierte sich auch in Europa jeder nur noch auf die 16-Bit-Generation. Demzufolge wurde auch dieses Spiel nicht mehr von den deutschen Zeitschriften getestet. Selbst für das Club Nintendo Magazin war es kein Thema.

Und das ist schade, denn DuckTales 2 beinhaltet mehr von dem was das erste Spiel so spaßig gemacht hat: Geheimnisse und Diamantenjagd! In jedem Level gibt es nun je einen Teil einer Schatzkarte zu finden, habt ihr am Ende alle Teile zusammen geht es in einen sechsten Level und ihr könnt das beste Ende des Spiels sehen. Außerdem könnt ihr Daniel Düsentrieb in den Levels antreffen, der euch insgesamt drei Upgrades für euren Pogo-Stick mit auf den Weg gibt. Apropos: Die Steuerung des Pogo-Sprungs wurde ebenso vereinfacht wie das Sprungverhalten von Dagobert verbessert wurde. Zudem könnt ihr mit dem Stock nun auch Schalter und Heben betätigen.

Wer den erste Teil mochte, sollte sich den zweiten Teil unbedingt mal zu Gemüte führen!

1993: Chip ’n Dale – Rescue Rangers 2

Auch für die Eichhörnchen wurde Ende 1993 noch ein zweites Spiel nachgeschoben. Das war dann auch generell das letzte Capcom-Spiel für das NES. Ganze 46 Spiele veröffentlichte Capcom zwischen 1985 und 1993 – aber das nur am Rande.

Spielerisch fühlt sich das zweite Chip ’n Dale Spiel wie ein Levelpack zum Erstling an. Hier und da gibt es etwas mehr Animationen und noch etwas buntere Grafik, das Gameplay bleibt jedoch gleich. Auch hier ist es eure Aufgabe, die herumliegenden Kisten auf Gegner zu werfen und ansonsten recht einfache Sprungpassagen zu bestehen. Zwischen den Levels gibt es nun auch einige Zwischensequenzen, welche die Story des Spiels erzählen – die sind aber nicht weiter der Rede wert.

Klingt negativer als es ist. Am Ende ist auch das zweite Spiel zur Serie sehr nett gelungen und ein schöner Abschluss zu Capcoms NES-Ära.

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Über Nischenliebhaber

Ostdeutsches Videothekenkind der 90er Jahre. Liebt Spiele- und Retrokultur ebenso wie subkulturelle Musik aus aller Herren Länder und lange Spaziergänge durch dunkle Wälder des Erzgebirges.

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2 Comments on “Als die Maus die Konsole eroberte: Alle Disney / Capcom Spiele im Überblick”

  1. Hui, vielen Dank! Mir war nicht klar, dass es abseits der Afternoon Collection und der paar Titel, die ich von Virgin Interactive kenne, so viele Disney-Spiele allein von Capcom gab. Ich halte meine Xbox 260 mit dem installierten Duck Tales-Remaster immer noch in Ehren.

  2. Was für ein gigantischer Artikel! Sehr schön! Danke! Bei den Screenshots der NES und GB Titel kam bei mir gleich die Nostalgie damaliger Nintendo Power Zeitschriften auf.

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