LucasArts hat in der Adventure-Szene einen ganz besonderen Stellenwert, so gilt doch fast jedes ihrer Point-and-Click-Abenteuer zwischen 1987 und 1997 als Meilenstein. Und dafür gibt es AGS-Remakes?
Die kurze Antwort lautet: Ja. Die etwas längere Antwort gebe ich euch im Laufe des Artikels. Mit dem vierten und letzten Teil “LucasArts” endet die AGS-Remakes-Reihe, in der ich euch die Neuauflagen von King’s Quest– und weiteren Sierra-Spielen sowie anderer Legenden vorgestellt habe.
Während die Sierra-Adventures vielleicht auch aufgrund mancher Unzulänglichkeiten die AGS-Remake-Bewegung gestartet haben, wurden die LucasArts-Spiele von den Fans häufig als Vorbild für eigene Geschichten im Universum ihrer Lieblinge genutzt. Die daraus resultierenden Fan-Projekte werde ich euch voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt näherbringen, hier beschränke ich mich weiterhin auf Remakes.
In diesem Artikel spreche ich der Einfachheit halber von LucasArts, auch wenn das Studio bis 1991 Lucasfilm Games hieß und seit 2021 auch wieder so heißt. Schließlich ist unter diesem Namen ein Großteil der beliebtesten Adventure-Klassiker erschienen, beispielsweise Monkey Island 2 – LeChuck’s Revenge (1991), Indiana Jones and the Fate of Atlantis (1992), Day of the Tentacle (1993) und Sam & Max Hit the Road (1994).
Maniac Mansion
Wir steigen mit einem Remake des wohl bekanntesten und einflussreichsten Adventure-Klassikers aller Zeiten ein: Maniac Mansion. Zum Original aus dem Jahr 1987, in dem ihr einen Trupp aus Jugendlichen zusammenstellt, um eure entführte Freundin aus dem namensgebenden Anwesen zu retten, ist wohl schon alles geschrieben worden – wer sich für die Hintergründe interessiert, darf zum Beispiel gerne noch einmal in den Report von Benjamin Braun reinlesen. Mit der Veröffentlichung des Spiels und der Erfindung des SCUMM (Script Creation Utility for Maniac Mansion)-Interfaces haben Ron Gilbert und Gary Winnick eine Revolution ausgelöst und den Begriff “Point-and-Click-Adventure” erst richtig definiert. In den darauffolgenden Jahren gab es viele Portierungen des Spiels, unter anderem auch eine Version für das Nintendo Entertainment System, und 2004 auch ein Fan-Remake namens Maniac Mansion Deluxe vom deutschen Entwickler LucasFan, herausgebracht unter dem Label Lucasfan Games. Im Vergleich zum Original bietet die Neuauflage überarbeitete VGA-Grafiken, leichte Anpassungen im Gameplay, eine durchgängige Musikuntermalung und eine Optimierung des Point-and-Click-Interfaces. Insbesondere bei den letzten beiden Punkten orientierte man sich am Maniac-Mansion-Nachfolger Day of the Tentacle.
Das Spiel war nach seinem Erscheinen so beliebt, dass Fans aus der ganzen Welt insgesamt 15 Sprachversionen beigesteuert haben. Falls ihr also schon immer einmal einen Adventure-Klassiker auf Esperanto durchspielen wolltet, habt ihr jetzt die Gelegenheit dazu. Leider verschwand LucasFan Games 2005 von der Bildfläche, nachdem offenbar von LucasArts-Anwälten wegen Urheberrechtsverletzungen rechtliche Konsequenzen in Form einer Abmahnung angedroht wurden. Das geplante Adventure zu Raiders of the Lost Ark (dem ersten Indiana-Jones-Film) wurde daher leider nie umgesetzt. Ihr könnt Maniac Mansion Deluxe aber immer noch legal und inklusive deutschen Texten in der letzten Version 1.4 zum Beispiel bei Adventurecorner.de herunterladen.
Das ambitionierte Fan-Projekt Night of the Meteor möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen. Die 2008 aus der Maniac Mansion Mania-Community hervorgegangene Fangruppierung Edison Interactive hat es sich zur Aufgabe gemacht, das erste SCUMM-Adventure sowohl grafisch als auch spielerisch an den beliebten Nachfolger Day of the Tentacle anzugleichen. Das Teammitglied Kruttan äußerte sich auf Nachfrage hin zum derzeitigen Stand des Projekts:
Da wir ein kleines Team und alle beruflich eingebunden sind, kann man den Prozess als langsam, aber stetig beschreiben. Viele Bereiche des Spiels sind mittlerweile fertig, allerdings stellen insbesondere die vielen benötigten Animationen einen großen Teil der noch zu erledigenden Arbeit dar. Schließlich müssen sehr viele Animationen für sieben spielbare Charaktere erstellt werden. Derzeit enthält das Spiel 15.731 Sprites und über 21.000 Zeilen Ingame-Text (Kommentare, Dialoge). Die Backgrounds sind weitestgehend fertig, wobei der eine oder andere sicherlich noch eine letzte Überarbeitung vor dem Release erfahren wird.
Außerdem verriet er, dass es sich nicht “nur” um ein 1:1 Remake handeln wird, sondern dass es auch zusätzliche Inhalte spendiert bekommt. Und ihr werdet selbst entscheiden dürfen, ob ihr die möglichen Bildschirmtode eurer Spielfiguren aus dem Original ein- oder ausgeschaltet haben möchtet. Ich drücke auf jeden Fall die Daumen, dass das Team sein Spiel über die Ziellinie bringt! Mit dem unten stehenden exklusiven neuen Screenshot, den Kruttan dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, könnt ihr euch vorab schon einmal einen Eindruck von der Qualität des Projekts machen.
Was ist “Maniac Mansion Mania”?
AGS-User LucasFan hatte nach Fertigstellung von Maniac Mansion Deluxe im Jahr 2005 ein weiteres Fan-Projekt namens Maniac Mansion Mania gestartet. Die Idee war, innerhalb der Adventure-Treff-Community interessierte Hobby-Entwickler zu finden, die mit Hilfe von AGS und vorgefertigten Modulen kleine Geschichten im Maniac-Mansion-Universum erzählen möchten. Wie es dazu gekommen ist und was am Ende daraus wurde, stelle ich euch in einem anderen Artikel vor.
Day of the Tentacle
Auch die Fortsetzung von Maniac Mansion namens Day of the Tentacle gilt als Meilenstein der Adventure-Geschichte. Das Meisterwerk von David Grossman und Tim Schafer zählt nicht zuletzt wegen der auch heute noch ansehnlichen Comic-Grafik und der revolutionären Zeitreise-Rätselmechanik zu den besten Point-and-Click-Adventures aller Zeiten. Das zumeist als “DOTT” abgekürzte Spiel markiert dabei auch das Ende einer Ära: Während Maniac Mansion das erste Spiel mit der dauerhaft eingeblendeten Verbenleiste und den Inventargegenständen im unteren Bildschirmabschnitt war, wurde diese Steuerungsmethode bei DOTT zum letzten Mal eingesetzt.
Noch bevor Tim Schafer mit seinem Studio Double Fine Productions 2016 auf die Idee kam, dieses Schmuckstück mit einem HD-Remake zu veredeln, hatte AGS-Userin Feenyx 2014 bereits an einem eigenen Fan-Remake gearbeitet. Im AGS-Forum könnt ihr euch anhand von Screenshots ein Bild davon machen. Erstaunlich ist vor allem die Ähnlichkeit zur später erschienenen offiziellen Remastered-Version. Auch Feenyx blieb das nicht verborgen, und so stampfte sie ihr Projekt 2016 kurzerhand ein.
Zak McKracken and the Alien Mindbenders
Wir springen nun in der Zeit wieder etwas zurück, und zwar ins Jahr 1988. Dort erschien nämlich das zweite SCUMM-Adventure Zak McKracken and the Alien Mindbenders, in dem Designer David Fox sein Faible für SciFi, Übernatürliches und UFOs ausleben konnte. Wie damals üblich, erschien das Spiel für unterschiedliche Systeme in unterschiedlicher grafischer Darstellung. Eine Besonderheit stellt die Version für den nur in Japan erhältlichen Fujitsu-PC FM Towns aus dem Jahr 1991 dar. Hierfür wurden die Grafiken auf ein 256-Farben-VGA-Niveau angehoben, was diese Version zu einem begehrten Sammelobjekt machte. Mittlerweile könnt ihr diese Version aber auch unter anderem bei gog.com erwerben und mittels eines Fan-Patches sogar auch auf Deutsch spielen.
Dann bräuchte man ja kein AGS-Remake, oder? Eigentlich nicht. Für AGS-User Knoodn war die Arbeit an seinem Remake Zak – Repixeled tatsächlich auch nur als Übung gedacht, um sich in die AGS-Entwicklungsumgebung einzuarbeiten. Dazu fing er an, in klassischer “Demake”-Manier die Wohnung von Zak in noch einfachere Pixel-Grafiken zu zerlegen und diese in sein AGS-Projekt einzupflegen. Das machte er dann mit immer mehr Räumen und programmierte die entsprechenden Aktionen aus dem Vorbild dazu. So entstand 2019 die erste Fassung seines Fan-Remakes, in der das Intro und die ersten Räume des Originals enthalten waren. Ende 2020 erweiterte er die Version um weitere Räume innerhalb von San Francisco und die Möglichkeit, Zak sterben zu lassen. Dabei möchte er es aber auch belassen und sich zukünftig auf eigene Projekte konzentrieren. Falls ihr einmal einen Blick auf diese skurille, aber charmante Version werfen möchtet, findet ihr den Download in der AGS-Datenbank für PC in englischer Sprache.
The Curse of Monkey Island
Als der dritte Teil der Monkey-Island-Serie 1997 erschien, wurde er zwar größtenteils von der Fachpresse gelobt und gut bewertet, bei manchen Fans kam er allerdings nicht so gut an. Aber schauen wir erst einmal auf die Anfänge der Reihe. Der erste Teil The Secret of Monkey Island aus dem Jahr 1990 ist vermutlich eins der beliebtesten und bekanntesten Adventures überhaupt. Genau wie sein Nachfolger Monkey Island 2 – LeChuck’s Revenge lässt euch Schöpfer Ron Gilbert auf humorvolle Weise die Abenteuer des Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood in der Karibik erleben. Gilbert ließ die Geschichte im zweiten Teil mit einem Cliffhanger enden – den er selbst bis heute nie aufgelöst hat – und machte auch mehrfach deutlich, dass alle Spiele danach in seinem Monkey-Island-Universum nicht existieren. Nach Beendigung der Arbeiten an Vollgas – Full Throttle hatten es die beiden Projektleiter Jonathan Ackley und Larry Ahern also nicht leicht, an das Vermächtnis der ersten beiden Monkey-Island-Teile anzuknüpfen. Sie entschieden sich dafür, mit Hilfe von Bill Tiller einen neuen Comic-Stil zu etablieren und interpretierten die Geschichte auf ihre eigene Weise.
Genau dies kam bei einem Teil der Fans nicht gut an, so wünschte man sich nicht nur Ron Gilbert zurück, sondern auch direkt gleich noch den Grafikstil der ersten beiden Teile. Und damit sind wir bei einem AGS-Remake (oder eher Demake), das von AGS-User Jackpumpkinhead im Jahr 2010 gestartet wurde und den Stil der ersten Monkey-Island-Spiele einzufangen versucht. Die Demoversion der Old School Edition genannten Version könnt ihr auch heute noch bei mixnmojo.com herunterladen. Ein Jahr später stellte er die Arbeiten daran ein, kurz darauf sprang aber ein weiterer Monkey-Island-Enthusiast für ihn in die Bresche und setzte das Projekt fort. Auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte Edgar Partida über die Jahre hinweg drei Videos, mit denen er den Entwicklungsstand dokumentiert hat. Wir dürfen also gespannt sein, ob diese Mammutaufgabe nach all den Jahren tatsächlich noch fertiggestellt wird.
(Dieser Beitrag erschien zuerst am 21. August 2021 auf GamersGlobal)