Für die dritte Ausgabe der AGS-Classics reisen wir zurück in das Jahr 2003 und begutachten zwei Spiele, die damals in der Indie-Adventure-Szene für Furore gesorgt haben.
In den AGS-Classics stelle ich euch meine persönlichen Lieblingsspiele aus über 25 Jahren Adventure Game Studio-Geschichte vor. In der letzten Ausgabe ging es um den modernen Klassiker Metaphobia aus dem Jahr 2019, diesmal nehme ich euch mit auf eine Reise in das Jahr 2003. Die AGS-Szene war gerade einmal wenige Jahre alt und begann erst Anfang der 2000er, richtig ins Rollen zu kommen. Mit der Rob Blanc-Trilogie erschienen die ersten Spiele von Ben „Yahtzee“ Crosshaw, und der leider 2022 mit nur 41 Jahren verstorbene Philipp Reed veröffentlichte seine Larry Vales-Spiele.
Die ersten größeren Veröffentlichungen, die auch außerhalb der AGS-Szene hohe Wellen schlugen, waren die King’s Quest-Remakes von AGD. Mitten in diese Zeit platzte wie aus dem Nichts das Fantasy-Freeware-Adventure Apprentice von Herculean Effort Productions. Dahinter steckten die Brüder Greg und Ian Schlaepfer aus den USA, die mit ihren grafischen und musikalischen Talenten beeindruckten und aus dem Stand einen AGS-Klassiker schufen. Beim Erscheinen dieses Artikels ist das ziemlich genau zwanzig Jahr her. Umso mehr freue ich mich, dass sich die beiden Entwickler nach all den Jahren für ein Interview zur Verfügung gestellt haben.
Apprentice und Apprentice Deluxe
In Apprentice spielt ihr den jungen Zauberlehrling Pib, der nach jahrelangem Bodenfegen und Zutatenbesorgen von seinem Meister nun endlich die Gelegenheit bekommt, seinen ersten Zauberspruch zu wirken. Doch dazu müsst ihr natürlich erst einmal einige Dinge herbeischaffen. Also wandert ihr durch die kleine, mittelalterlich angehauchte Welt, führt Multiple-Choice-Gespräche und löst Inventar- und andere typische Adventure-Rätsel. Das ganze wird euch für etwa ein bis zwei Stunden bei Laune halten, dann ist der Spaß leider schon wieder vorbei.
In einer Zeit, in der AGS-Adventures größtenteils immer noch wie MS-Paint-Strichzeichnungen aussahen und weit von orchestraler Musikbegleitung entfernt waren, kam die Grafik sowie die Musikkulisse von Apprentice schon fast einer Offenbarung gleich. Die Community lobte auch die humorvolle Geschichte, kritisierte aber die etwas umständliche Steuerung.
Apprentice gewann die AGS-Awards 2003 für „Best Room Art“, „Best Character Art“, „Best Animation“ sowie „Best Music“ und war zusätzlich noch in neun weiteren Kategorien nominiert.
Wenn ihr das Spiel heute noch nachholen möchtet, empfehle ich euch die „Deluxe Version“ aus dem Jahr 2005. Diese beinhaltet eine englische Sprachausgabe und deutsche Texte. Außerdem wurden einige Fehler behoben und der Soundtrack opimiert. Die Deluxe Version gewann des AGS Award 2005 für „Best Music“. Den kostenlosen Download findet ihr in der AGS-Datenbank. Oder habt ihr zufällig gerade eure PC Action-DVD Ausgabe 12/2007 griffbereit? Auf der Scheibe wurde das Spiel nämlich auch verewigt.
Apprentice 2 – The Knight’s Move
Ein Jahr nach Apprentice erschien der zweite Teil unter dem Namen Apprentice 2 – The Knight’s Move und überbot seinen Vorgänger sogar noch in vielerlei Hinsicht. Diesmal müsst ihr eurem Meister beweisen, dass ihr eines echten Magiers würdig seid und sollt aus diesem Grund drei Prüfungen bestehen. Dies führte zu einem weniger linearen Gameplay sowie einer Verlängerung der Spielzeit auf etwa 2 bis 3 Stunden. Die Grafik- und Musikqualität haben die Entwickler dabei mühelos gehalten und in Sachen Steuerung noch etwas draufgelegt. Der kleine Pib lässt sich in Apprentice 2 nun leichter durch sein Dorf steuern als noch im Vorgänger.
Bei den Spielern kam der zweite Teil besonders gut an, neben der offensichtlich wieder gelungenen Präsentation wurde auch die Qualitätssteigerung bei den Rätseln und der Steuerung gelobt. Dies schlug sich auch in den AGS Awards 2004 für „Best Game Created“, „Best Dialogue Writing“, „Best Puzzles“, „Best Background Art“, „Best Character Art“ und „Best Music“ nieder, zuzüglich den sieben weiteren Nominierungen. Bei Interesse findet ihr das Spiel mit englischen Texten in der AGS-Datenbank. Oder wo sonst noch? Richtig, wieder auf einer PC Action-DVD, diesmal von der Ausgabe 1/2008.
Herculean Effort waren auf dem Gipfel des „Freeware“-Erfolgs. Der Plan war, die Apprentice-Trilogie mit einem dritten Teil namens „Checkmate!“ abzuschließen, doch dann kam die Idee für das erste kommerzielle Spiel Super Jazz Man…
Was dann passierte, lassen wir die beiden Brüder doch auf der zweiten Seite einmal selbst erzählen!