Adventure-Schatzkiste: The Orion Conspiracy

Die „Adventure-Schatzkiste“ ist eine Kolumne unseres Gast-Autoren André Savetier, der uns eine neue Perspektive auf übersehene und/oder unterschätzte Adventure-Spiele aus der weitreichenden Vergangenheit des Genres bieten möchte.

The Orion Conspiracy (wörtlich: Die Orion-Verschwörung) ist ein Grafikadventure, das von Divide By Zero entwickelt und 1995 von Domark für MS-DOS veröffentlicht worden ist. Es ist nach Innocent Until Caught (1993) und dessen Sequel Guilty (1995) das dritte Adventure der Entwickler. Alle drei sind im SciFi-Genre angesiedelt. The Orion Conspiracy hat nach seinem Erscheinen sehr unterschiedliche Kritiken erhalten, zwischen sehr schlecht und relativ gut. Wollen wir uns nun anschauen, was genau 30 Jahre später davon zu halten ist.

Wir schreiben das Jahr 2160. Das Universum wird regiert von korrupten Großkonzernen, die bis vor einigen Jahren in einem brutalen Krieg miteinander verstrickt gewesen sind. Unsere Hauptfigur, Devlin McCormack, ist einer der Veteranen, die aus diesem Krieg mit dem Leben davongekommen sind. Jetzt herrscht Frieden, der jedoch auf wackeligen Beinen steht, denn das gegenseitige Misstrauen ist nach wie vor groß.

Devlins Sohn Danny ist auf der Raumstation ums Leben gekommen. Doch war es wirklich ein Unfall?

Eines Tages erhält Devlin die traurige Nachricht, dass sein Sohn Danny, mit dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt hat, bei seiner Arbeit auf der Raumstation Cerberus, die sich auf einem Asteroiden befindet, ums Leben gekommen ist. Um an der Beerdigung teilzunehmen, macht sich Devlin auf den langen Weg zur Station, nur um durch einen anonymen Hinweis herauszufinden, dass sein Sohn ermordet worden ist. Devlin setzt nun alles daran, herauszufinden, wer für den Tod seines Sohnes verantwortlich ist. Dazu hat er aber nicht viel Zeit, denn am nächsten Tag muss er die Raumstation wieder verlassen. Zirka 20 Menschen befinden sich auf Cerberus. Wird es dem Veteranen gelingen, Licht ins Dunkel zu bringen und zu enthüllen, was hier wirklich geschehen ist?

Manchmal kann es schon etwas einsam sein, so weit von zu Hause.

The Orion Conspiracy ist ein Point-and-Click-Adventure, wie es für die Mitt-90er durchaus typisch ist. Schön gestaltete Pixelgrafik, ein interessantes Setting und eine relativ einfache Mechanik. 1995 ist ein wunderbares Jahr für SciFi-Adventure-Fans, denn im selben Jahr wird ein paar Monate später das Epitom dieses Genres herauskommen: The Dig. Während The Dig sich direkt auf der Oberfläche eines Asteroiden abspielt, verläuft The Orion Conspiracy weitgehend in einer Raumstation, die sich auf einem Asteroiden befindet. Cerberus ist ziemlich groß, wir müssen Devlin durch viele Screens manövrieren, von denen sich einer ständig wiederholt. Das wäre an und für sich nicht so schlimm, wenn unser Protagonist zumindest rennen würde oder wenn man durch Doppelklick zum nächsten Bildschirm skippen könnte. Aber nix da, Devlin wandert seelenruhig auf der Station herum. (Wenn einmal jemand mit Screenshots eine Map von Cerberus zusammenschustern würde, wäre das echt großartig!)

An diesen Bildschirm müsst ihr euch gewöhnen, Cerberus ist nämlich voll davon.

Das Inventar sowie Aktionsbuttons (Benutzen, Anschauen etc.) befinden sich am unteren Bildschirmrand. Einige Objekte lassen sich per Rechtsklick zerlegen. Die englischen Voiceovers sind gut gelungen und tragen gemeinsam mit einem spacigen Midi-Soundtrack zu einer spannenden Atmosphäre bei. Das Spiel ist in den 90ern dafür bekannt gewesen, als eines der ersten ziemlich viele ungefilterte Kraftausdrücke zu verwenden. Das ist jetzt nicht unbedingt mein Ding, aber ich kann damit leben. The Orion Conspiracy ist meines Wissens auch das erste Adventure, in dem Homosexualität eine wichtige Rolle spielt und nicht als etwas Negatives dargestellt wird.

Die Handlung von The Orion Conspiracy ist durchaus packend, man möchte wissen, wie es weitergeht, auch wenn es durch das viele Hin- und Herwandern recht langsam vorangeht. Es gibt einige unerwartete Twists und Turns. Devlin ist ein cooler Charakter, dem man nur allzu gerne dabei helfen möchte, den Mord seines Sohnes aufzuklären. Wenn ihr mehr zu seiner Vorgeschichte erfahren möchtet, könnt ihr das Comic lesen, das mit dem Spiel ausgeliefert worden ist. Die Puzzles sind meistens logisch, außerdem nimmt euch das Spiel hier etwas an die Hand, indem es bereits vorgibt, welche Objekte ihr den anderen Charakteren anbieten könnt.

Wo er recht hat, hat er recht.

Alles in allem ist The Orion Conspiracy durchaus ein Leckerbissen für Adventure-Fans, die wie ich auch gerne einmal in die düsteren und obskuren Ecken des Genres abtauchen. Einzig Devlins Langsamkeit in Verbindung mit der riesigen Map machen das Spielen etwas mühsam. Wenn ihr aber einen Emulator wie DosBox-X (sehr zu empfehlen!) verwendet, könnte ihr die Geschwindigkeit je nach Bedarf rauf- oder runterdrehen, was überaus praktisch ist.

Mit The Orion Conspiracy haben wir ein eigentlich legendäres Point-and-Click-Adventure, das etwas in Vergessenheit geraten ist. Es hat einige Tabus gebrochen, leider wirken durch die ständige Flucherei einige der Charaktere nicht sehr authentisch und etwas unreif – vor allem, wenn sie einem Vater, der gerade seinen Sohn verloren hat, ins Gesicht schimpfen. Es gibt sich an Stellen übertrieben erwachsen, was aber aufgrund seiner Pionierleistungen durchaus zu verkraften ist.

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Über André Savetier

André hat zwei große Passionen: Musik und Adventure-Spiele. Für erstere fehlt leider die Zeit, aber ein Spielchen zwischendurch geht sich immer aus. Ein besonderes Interesse hat unser Österreicher an Adventure-Spielen, die etwas in Vergessenheit geraten sind, oder an solchen, die kaum jemand kennt.

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5 Comments on “Adventure-Schatzkiste: The Orion Conspiracy”

  1. Ich mag ja Adventures sehr, die nicht witzig sind. Also nichts gegen Humor aber ich mag es einfach, auch mal ernsthafte Sachen zu spielen. Das Setting und die Atmosphäre des Spiels haben mich also total abgeholt.
    Ich fand auch die Laufwege nicht so schlimm und empfand nach einiger Zeit, dass ich mich auf der Station auskannte und eigentlich immer „schnell“ von einem Ort zum anderen kam. Man muss halt die Laufgeschwindigkeit hochstellen.

    Ich finde halt, dass dann das Gefluche, auf das sie wohl sehr stolz waren, mich eher zum Augenrollen brachte – genau so wie der Plot. 🙂
    Ich mag das Spiel mehr als die meisten anderen Leute, aber ob es sich wirklich um einen kleinen Schatz handelt, kann ich nicht beurteilen. 😉

  2. Danke für diese Review. Das Spiel kenne ich gar nicht bzw. ist wohl völlig an mir vorbeigegangen. Wo kann man das Spiel denn heute bekommen?

    1. Auf diversen Abandonware-Seiten oder auch auf archive.org, denke ich. Meine Kopie hab ich vor Jahren auf Medimops erstanden.

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