Adventure-Schatzkiste: Die Höhlenwelt-Saga – Der leuchtende Kristall (DE)

Die „Adventure-Schatzkiste“ ist eine Kolumne unseres Gast-Autoren André Savetier, der uns eine neue Perspektive auf übersehene und/oder unterschätzte Adventure-Spiele aus der weitreichenden Vergangenheit des Genres bieten möchte.

Vom Textadventure zum Grafikabenteuer

Wer kann sich nicht an die wunderschön gestalteten Big Boxes von Software 2000 voller Gimmicks erinnern? Vor allem die Schachtel zu Die Höhlenwelt-Saga – Der leuchtende Kristall hat mich immer fasziniert, mein Cousin hatte das Spiel damals, ich durfte aber nur manchmal zuschauen und habe das Ende auch nie gesehen. Jetzt, 30 Jahre später, hatte ich endlich die Möglichkeit, es auf eigene Faust auszuprobieren, um euch von meinen Erfahrungen zu berichten.

Die Höhlenwelt-Saga ist ein Science-Fantasy-Adventure, das 1994 von der Münchener Firma Weltenschmiede entwickelt und von Software 2000 veröffentlicht worden ist. Die Weltenschmiede hat sich zuvor einen Namen als Entwickler von deutschen Textadventures gemacht, und zwar mit Das Stundenglas (1990), Die Kathedrale (1991) und Hexuma (1992). Der Gründer des Studios, Harald Evers, versucht sich nebenher auch als Autor, verarbeitet zunächst den ausgiebigen Stoff von Die Kathedrale in einem Roman und schreibt später an der umfangreichen Höhlenwelt-Saga, von der mittlerweile acht Werke existieren. Durch den unerwarteten Tod Evers’ durch einen Herzanfall im Jahre 2006 sollte es leider auch bei dieser Anzahl bleiben.

Das erste Höhlenwelt-Spiel ist zunächst als Textadventure konzipiert, es gibt sogar ein Demo. Dennoch entscheidet sich das Studio für einen Kurswechsel und springt auf den Grafikadventure-Zug auf.

Eine unterirdisches Bayern

Eigentlich möchte der Raumfahrer Eric „Speedy“ MacDoughan nur nach seiner Freundin Maomi suchen, die ihm vor einiger Zeit abhandengekommen ist. Seine Suche führt ihn auf einen unbekannten Planeten, auf dem er durch ein riesiges Höhlensystem zufällig in die geheimnisvolle unterirdische Höhlenwelt gerät. Die humanoide Bevölkerung dieser Welt, verborgen unter einer felsigen Kruste, wird seit 100 Jahren von den sogenannten Drakken, einer aggressiven Echsenrasse, unterdrückt.

Eric ist ein typischer Antiheld, etwas ungehobelt, aber im Grunde ein guter Kerl. Schnell lebt er sich in die von der Erde nicht so unterschiedliche Höhlenwelt Veldoor ein, die durch und durch an das Bayern des 17. Jahrhunderts mit einem Mittelaltereinschlag erinnert – nur Bier gibt es dort (noch) keines, dafür Drachen, die als Transportmittel dienen, ach, und auch UFOs! Außerdem scheint dort immer die Sonne, obwohl es unter der Erde liegt. Na egal, Fantasy halt. Durch schöne Altstadtkerne mit Fachwerksarchitektur, durch verschiedene Wirtshäuser und wunderschöne gebirgige Landschaften versucht Eric nun herauszufinden, wo sich Maomi befindet. Begleitet von seiner neuen besten Freundin, einer jungen Wild-Drachendame namens Susi, die unser Antiheld gezähmt hat, begibt Eric sich auf die Suche nach dem Leuchtenden Kristall, einem legendären Artefakt, das den Höhlenweltlern endlich ihre lang ersehnte Freiheit bringen könnte.

Verrenn dich nicht, Eric!

Die Höhlenwelt-Saga hat eine klassische Maus-Steuerung, wobei man mit der rechten Maustaste Aktionen auswählt und mit einem Linksklick ausführt. Das Inventar befindet sich am oberen Bildschirmrand. Im Laufe eurer Reise müsst ihr verschiedene Gegenstände sammeln und Rätsel lösen, um voranzukommen. Viele Rätsel sind dialogbasiert, und leider könnt ihr euch dabei leicht in eine Sackgasse manövrieren, wenn ihr etwa jemanden beleidigt, der dann nicht mehr mit euch sprechen möchte. Das ist zwar einigermaßen realistisch, stört aber den Spielefluss. Häufiges Speichern sei euch daher angeraten. Auch deshalb, weil man an einigen Stellen sehr leicht sterben kann.

Die Erkundung der Höhlenwelt ist an sich unterhaltsam, sobald ihr eure Drachin Susi habt, mit der ihr mittels Landkarte von einem Ort zum anderen fliegen könnt. Das vermittelt auch ein bisschen Open-World-Feeling, denn die Handlung des Spieles ist nicht immer linear. Störend ist jedoch, dass Eric, gar nicht seinem Nickname Speedy entsprechend, nur langsam und gemächlich über den Bildschirm stolziert.

Der Soundtrack des Spiels stammt direkt von der CD und bietet angenehme Instrumentalmusik, die die Atmosphäre der Höhlenwelt unterstreicht. Leider wiederholt sich die Musik dann immer wieder, was auf Dauer etwas monoton werden kann. Ein paar Tunes sind aber richtig gut und spielen immer noch in meinem Kopf weiter.

Die Sprachausgabe im Intro und den Erzählersequenzen ist gelungen, das Spiel selbst ist allerdings nicht synchronisiert, Sprache wird nur als Text angezeigt, was bei einem sehr textlastigen Spiel eher mühsam ist. Als Kind der 90er stört mich das aber nicht so.

Wo Die Höhlenwelt-Saga absolut punkten kann, ist die Grafik. Die Hintergründe sind ein pixeliger Augenschmaus, ich habe fast von allen einen Screenshot gemacht, weil ich nicht wusste, welche ich euch zeigen werde. Um die Welt lebendiger zu gestalten, wäre es noch gut gewesen, die Hintergründe teils zu animieren. Die Animation der Charaktere ist ebenfalls gelungen, bei Nicht-Handeln steht Eric in cooler Pose da, auch tauchen und klettern kann er. Wenn die Figuren rennen oder überrascht sind, wirds besonders lustig.

Nicht so schlecht wie man sagt

Die Geschichte von Die Höhlenwelt-Saga ist nicht so schlecht, wie viele Kritiken behaupten. Dazu gibt es im Box-Set einen Mini-Roman und zu Beginn des Spiels ein ausgiebiges Into, die in die Story einführen. Die Erkundung der Höhlenwelt und die Interaktion mit den verschiedenen Charakteren bieten gute Unterhaltung. Der Humor ist mir manchmal etwas zu deutsch, was auch andere oft bekrittelt haben. Das Ende des Spiels lässt euch mit einem Cliffhanger zurück, denn ursprünglich waren – wie bei Der Schatz im Silbersee, ebenfalls von Software 2000 – gleich mehrere Fortsetzungen geplant. Leider ist es durch die weniger beeindruckenden Kritiken nie dazu gekommen.

Alles in allem ist Die Höhlenwelt-Saga – Der leuchtende Kristall ein unterhaltsames Adventure, das trotz seiner Mängel auch einige positive Aspekte bietet. Die Kombination aus Erkundung, Rätseln und einer fantasievollen Geschichte macht es zu einem interessanten Erlebnis, insbesondere für Fans von Point-and-Click-Klassikern, die tiefer in die (deutsche) Geschichte des Genres eintauchen möchten.

Avatar-Foto

Über André Savetier

André hat zwei große Passionen: Musik und Adventure-Spiele. Für erstere fehlt leider die Zeit, aber ein Spielchen zwischendurch geht sich immer aus. Ein besonderes Interesse hat unser Österreicher an Adventure-Spielen, die etwas in Vergessenheit geraten sind, oder an solchen, die kaum jemand kennt.

Alle Beiträge anzeigen von André Savetier

11 Comments on “Adventure-Schatzkiste: Die Höhlenwelt-Saga – Der leuchtende Kristall (DE)”

  1. Ich habe das Spiel auch erst Jahre später angespielt – die Grafik (ist die gepixelt oder eingescannt?) sieht immer noch fantastisch aus. Aber die Kritiken waren damals doch gar nicht so schlecht, oder? Aber ein Verkaufsschlager ist das Spiel vermutlich nicht geworden, was sehr schade ist.

    1. Die Reviews, die ich gefunden habe, waren nicht so überwältigend. Das Spiel hat mir aber überraschend gut gefallen, aber ich mag halt die Underdogs 😉 Die Grafik ist schon gepixelt, aber in ziemlich hoher Auflösung.

        1. So sehr ich den Joker lieb(t)e und ich mich meistens auf ihr Urteil verlassen konnte: Bei Software-2000-Titeln neigten sie schon immer zum Überbewerten. 😉

  2. Wie immer großen Dank an die Adventure-Schatzkiste lieber André!

    Habe die Höhlenweltsaga sehr gerne damals gespielt und noch gute Erinnerungen daran. Wie du sagst, sehr schade das es keine Fortsetzung mehr gab. Von diesem Universum würde ich z.B. eine Kickstarter-Kampagne definitiv unterstützen. Muss mir zur Auffrischung mal ein LP ansehen… oder doch selber spielen? Hmmm… 😉

  3. Ich würde dieses Spiel echt gerne mögen. Vor allem die Hintergründe sind so wunderschön. Nur geht mir Speedy so dermaßen auf den Zeiger, dass es einfach keinen Spaß mit ihm macht. Schön, dass es dir da anders ging.

  4. Ich gebe zu, ich bin da viel weniger wohlwollend, was die Höhlenwelt angeht als unser André (aber schöner Bericht).
    Aber von Hexuma kommend, war dieses Spiel ein enormer Rückschritt. Ja, viele der Hintergrundgrafiken sind echt super (hat zwar immer wieder seltsame Ausnahmen, als ob man da nicht fertig gemacht hätte), die Figuren gefallen mir ebenfalls. Auch das generelle Setting finde ich durchaus gelungen.

    Aber dann ist da erstmal Speedy, den ich einen ziemlichen Kotzbrocken finde. Sorry, aber seine Sprüche sind echt niveaulos – Multiple-Choice-Gespräche geben zwar oft jede Menge Auswahl, aber eigentlich nichts davon, das ich gerne sagen würde.
    Schlimmer noch: Das Spiel verfällt mehr und mehr in diese nervigen „Dialog-Rätsel“, wo man genau die richtige Abfolge sagen muss, damit es weiter geht. Dabei finde ich, dass die Gespräche nicht einmal besonders gut geschrieben sind.

    Dazu kommt, dass ich die Rätsel nicht besonders gelungen fand. Ganz oft aber gab mir das (eigentlich gelungene) Interface den Hinweis, was zu tun ist: Da man ja immer nur Icons bekommt, die tatsächlich relevant sind, spoilert sich da das Spiel gelegentlich selbst.

    Dennoch: Das erste Viertel hatte mir damals recht Spaß gemacht, und sobald man den Drachen kriegt, geht die Motivation ebenfalls wieder etwas hoch. Nichtsdestotrotz musste ich mich damals schon echt durch das Spiel quälen.
    Kein Totalausfall aber für mich ganz persönlich eine Enttäuschung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert