Adventure-Schatzkiste: Ark of Time

Die „Adventure-Schatzkiste“ ist eine Kolumne unseres Gast-Autoren André Savetier, der uns eine neue Perspektive auf übersehene und/oder unterschätzte Adventure-Spiele aus der weitreichenden Vergangenheit des Genres bieten möchte.

Einmal um die Welt nach Atlantis

Ark of Time (wörtlich: Arche der Zeit) ist ein Grafik-Adventure des italienischen Studios Trecision, das 1997 von den japanischen Publishern Koei für MS-DOS veröffentlicht worden ist. Ein Jahr später folgte eine Playstation-Version des Spiels. Trecision is des Weiteren bekannt für das Cyberpunk-Adventure Nightlong: Union City Conspiracy (1998), das sie gemeinsam mit Team17 entwickelt haben.

Unsere Hauptfigur Richard Kendal ist ein Zeitungsreporter aus London, der eigentlich auf Sport spezialisiert ist. Eines Tages gibt ihm sein Boss einen besonderen Auftrag: Er soll sich auf die Suche nach einem Professor begeben, der kürzlich spurlos in der Karibik verschwunden ist, als er im Meer nach dem sagenumwobenen Atlantis gesucht hat. Richard ist nicht besonders froh über seine neue Aufgabe, würde er doch lieber in London bleiben und über Fußball schreiben. Doch sein Chef lässt nicht locker. In der Karibik angekommen, findet Richard zwar nicht den Professor, doch es gibt einige heiße Spuren, die ihn um die ganze Welt führen werden. Neben mysteriösen Orten wie das Stonehenge oder die Osterinsel führt ihn seine Reise unter anderem auch nach Algerien, wo er Unglaubliches entdeckt. Wird es dem etwas naiven, doch durchaus sympatischen Zeitungsfritzen gelingen, das Geheimnis um das Schicksal von Atlantis zu enträtseln?

Die Mechanik von Ark of Time ist änlich wie in Baphomets Fluch relativ einfach gestaltet: Mit der linken Maustaste betrachtet ihr Objekte und Personen, mit der rechten Maustaste könnt ihr mit diesen interagieren. Dabei ist die Zuordnung der Maustasten genau umgekehrt wie bei seinen meisten seiner Genrekollegen, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Richard bewegt sich sehr langsam über den Bildschirm, doch glücklicherweise können wir durch einen Rechtsklick auf den Bildschirmrand schnell zum nächsten Screen skippen.

Speichern könnt ihr jederzeit mit der Taste F5, die Spielstände werden mit F6 abgerufen. Es gibt zwölf Speicherslots. Speichern solltet ihr oft und frühzeitig, denn es gibt leider ein paar Situationen, die, falls in der falschen Reihenfolge ausgeführt, zu einem Dead End führen können.

(Spoiler: Gebt dem Hund erst seinen Napf, nachdem ihr ihn mit einem Schlafmittel gepantscht habt, eine zweite Chance gibt es dann leider nicht mehr).

Das Inventar erscheint, wenn ihr mit der Maus über den unteren Bildschirmrand hovert. Es wird in diesem Spiel euer bester Freund werden, weil viele der Puzzles, die es zu lösen gilt, mit den zahlreichen Objekten, die ihr im Laufe eures Abenteuers aufsammeln werdet, zu tun haben. Manchmal muss man gleich bis zu drei Dinge miteinander kombinieren. Die Puzzles werden übrigens mit fortschreitender Handlung schwieriger, was mir sehr gefallen hat. Mittels einer Übersichtskarte könnt ihr beliebig zwischen den Handlungsorten herumreisen, was dem Spiel teilweise einen nicht-linearen Charakter verleiht.

Ark of Time ist mit englischen Voiceovers versehen, die (für die Zeit typisch) etwas hölzern klingen, die ich jedoch ganz in Ordnung finde. Untertitel gibt es auch auf Deutsch, die aber nicht immer gut übersetzt sind. Musik ist spärlich gesät, meistens hört man lediglich Hintergrundgeräusche, wie Vogelgezwitscher oder Baulärm. Das Map-Theme und die End-Sequenz gehen dafür richtig gut ins Ohr.

Das 3D-Trauma

Kommen wir nun zu einem Thema, das ich bis jetzt vor mir hergeschoben habe: die Grafik. Sie ist nämlich wirklich hässlich. Sie war auch lange der Grund, warum ich die Finger von diesem Spiel gelassen und warum ich bis heute nicht Gabriel Knight 3: Blut der Heiligen, Blut der Verdammten (1999) gespielt habe, obwohl mir die ersten beiden Teil so gut gefallen haben. Diese frühe 3D-Grafik der 90er hat für mich leider nicht jenen Nostalgie-Faktor, den die Pixelgrafik erweckt. Vermutlich bin ich aber auch von creepy Horror-Games wie Alone in the Dark (1992), Knight’s Chase (1995) sowie Ecstatica (1994) und dessen Sequel traumatisiert, die sich mit ihrer klobigen 3D-Polygon-Grafik in mein Hirn eingebrannt haben. Für euch bin ich aber endlich über meinen Schatten gesprungen, und ich muss sagen, dass mich die Grafik von Ark of Time nach einiger Zeit gar nicht mehr so sehr irritiert hat.

Fazit

Nach Betrachten von Screenshots habe ich mr Ark of Time immer schlimmer vorgestellt, als es eigentlich ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnte ich mich endlich in die Story hineinfallen lassen. Das Spiel ist durchaus gut durchgeplant, die Handlung etwas skurril, doch unterhaltsam, die Rätsel und Puzzles haben mir gefallen und die Spielzeit ist doch relativ lang – wie HowLongToBeat auf vier Stunden kommt, kann ich nicht nachvollziehen, das geht sich alleine schon vom ganzen Text her nicht aus. Außerdem hat Richard einen subtilen Witz, ein bisschen wie der von George Stobbard. Ich kann der Bewertung von AdventureGamers durchaus etwas abgewinnen: „This is the worst game that I’ve totally enjoyed.“

Ark of Time wird meines Wissens auf keiner Plattform mehr verkauft, da müsstet ihr euch anderweitig danach umsehen. Ich habe es mit der DosBox-X (die ich gar nicht genug empfehlen kann) problemlos zum Laufen gebracht. Zum Abschluss wage ich es, zu behaupten, dass dieses Spiel durchaus ein kleinerer Hit hätte werden können, wäre es nur handgezeichnet worden. Zum Glück haben die Entwickler für ihr nächstes Spiel Nightlong: Union City Conspiracy aus ihren Fehlern gelernt. Die Grafik ist zwar ein bisschen ähnlich, wirkt aber doch etwas ausgereifter. Nightlong liegt übrigens auch in der Adventure-Schatzkiste, jedoch noch etwas weiter unten.

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Über André Savetier

André hat zwei große Passionen: Musik und Adventure-Spiele. Für erstere fehlt leider die Zeit, aber ein Spielchen zwischendurch geht sich immer aus. Ein besonderes Interesse hat unser Österreicher an Adventure-Spielen, die etwas in Vergessenheit geraten sind, oder an solchen, die kaum jemand kennt.

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2 Comments on “Adventure-Schatzkiste: Ark of Time”

  1. Ah, Ark of Time! Ich gebe zu: Ich war erst ein kleines bisschen enttäuscht, als ich es das erste Mal spielte. Aber es hatte es auch nicht einfach zwischen Größen wie „Curse of Monkey Island“, „Baphomets Fluch 2“, „Blade Runner“ oder „Callahan’s Crosstime Saloon“.

    Aber wenn man sich ein bisschen an die seltsame Präsentation gewöhnt hat, macht der Mix zwischen Zak McKracken und Baphomets Fluch durchaus Spaß.
    Ja, der Quasi-Nachfolger Nightlong ist in praktisch allen Punkten dann besser, aber Ark of Time ist dennoch ein klassisches Adventure, dem man durchaus eine Chance geben sollte.

    Ich habe mich ganz gut unterhalten gefühlt.

    1. „der Mix zwischen Zak McKracken und Baphomets Fluch“ – Das gefällt mir, denn genau das ist es im Prinzip 🙂 Nightlong ist optisch ähnlich, hat aber eine doch ganz andere Atmosphäre.

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