Nischenliebhaber nimmt euch in den nächsten Monaten mit auf eine Zeitreise in die 2000er Jahre, als Nintendo das mobile Gaming einmal mehr revolutionierte.
Vorwort
Liebe Leser,
willkommen zum Start einer Serie, mit der ich schon seit einiger Zeit irgendwie gedanklich schwanger gehe. Ursprünglich wollte ich ein Ranking zur DS-Spielebibliothek erstellen, aber es war mir unmöglich, aus den über 3400 Spielen 50 Lieblingstitel auszuwählen. Es gibt einfach viel zu viele Spiele, die mir über die Jahrzehnte ans Herz gewachsen sind. Deshalb versuche ich hier bei DKSN einen anderen Ansatz: Ich werde in den nächsten Monaten einfach eine Serie über 20 Jahre Nintendo DS gestalten. In diesem ersten Teil stelle ich das Gerät selbst vor und versuche, die allgemeine Faszination dieser Zeit einzufangen. In den nächsten Teilen werde ich dann versuchen, auf die vielen, vielen Spiele einzugehen – von den First-Party-Klassikern bis zu den schrulligen Geheimtipps, von denen der DS jede Menge zu bieten hat!
Viel Spaß dabei wünscht,
euer Nischenliebhaber
Touchscreen und zwei Bildschirme – Kann das überhaupt funktionieren?
Es war im Mai 2004, die E3 fand wieder einmal statt. Damals noch eine reine Branchenveranstaltung und weit entfernt von den publikumswirksamen Präsentationen späterer Jahre. Auf dieser E3 war natürlich auch Nintendo vertreten und lud zur Präsentation ein. Der damalige CEO von Nintendo of America, Reggie Fils-Aimé, wählte, wie es seine Art war, markige Worte: “Der Nintendo DS wird die Industrie verändern!”
Aber warum die Eile? Schließlich war erst drei Jahre zuvor mit dem Game Boy Advance der äußerst erfolgreiche Nachfolger des steinzeitlichen Game Boy erschienen. Die Antwort lautete: Sony. Schon seit einiger Zeit arbeitete Sony an der Playstation Portable, die die Grafik der Playstation 2 auf einen Handheld transportieren sollte. Und so charmant die 16-Bit-Spiele auf dem GBA auch waren – im Vergleich zur PSP wäre das Gerät völlig veraltet gewesen.
Die Journalisten und viele Spielefans waren sich einig: Sony würde den Handheld-Markt erobern und eine ähnlich dominante Stellung einnehmen wie bei den Heimkonsolen. Die Skepsis gegenüber dem neuen Gerät von Nintendo war mehr als groß: Wozu braucht man zwei Bildschirme? Ist das nicht verwirrend? Und was soll der Touchscreen? Schon bei den damaligen PDA-Geräten funktionierte der Touchscreen oft nur fummelig. Umso mehr wurde Reggies Aussage, der DS werde die gesamte Branche revolutionieren, belächelt.
Dass der DS völlig überhastet auf den Markt gebracht wurde, unterstrich die Skepsis. Das Gehäuse war klobig, die Sonne spiegelte sich stark im Bildschirm und auch sonst war die Darstellung recht dunkel. Von nicht wenigen Journalisten wurde der DS bereits bei der Veröffentlichung abgeschrieben. Auch, weil der DS technisch der PSP unterlegen war. Bestenfalls wäre der DS ein nettes Spielzeug für Kinder – sah ja auch schon so aus.
Neue Zielgruppen sorgten für den Erfolg
Nintendo war in Japan schon immer ein Unternehmen, das die Familie in den Mittelpunkt seiner Werbekampagnen stellte. So war der Name Famicom, die japanische Version des Nintendo Entertainment Systems, schlicht die Abkürzung für Family Computer. Dies spiegelt sich auch in der japanischen Spielebibliothek von NES, SNES & Co. wider, die neben den im Westen bekannten Spielen auch Titel für Gelegenheitsspieler wie Brettspielumsetzungen, Visual Novels oder Karaoke-Spiele enthielt.
Insofern war es eigentlich nichts Neues, dass Nintendo mit dem DS explizit neue Zielgruppen ansprach, die bisher wenig oder gar nichts mit Videospielen zu tun hatten. Neu war es nur für die europäischen und amerikanischen Märkte. Die Entscheidung war aber nachvollziehbar, wenn man eine direkte Konkurrenz zu Sony vermeiden wollte. Außerdem hatte man mit dem Touchscreen eine Eingabemethode, die intuitiver funktionierte als die klassischen Knöpfe.
Es waren vor allem die Spiele und Programme, die ein anderes Publikum ansprechen sollten. Haustiersimulationen wie Nintendogs, Gedächtnisspiele wie Dr. Kawashimas Gehirnjogging und traditionelle Brettspielumsetzungen mit 42 Spieleklassiker sind nur einige Beispiele. Es gab Programme mit interaktiven Rezepten oder zur Hand-Augen-Koordination, einfache Puzzlespiele oder Rhythmusspiele rundeten das Angebot im Casual-Bereich ab.
Mit der Einführung des Nintendo DS Lite im Juni 2006 gelang es Nintendo, den DS erfolgreich als Lifestyle-Produkt zu vermarkten. Die Hardware-Revision war nicht nur leichter und handlicher als das ursprüngliche Modell, sondern besaß auch ein eleganteres Gehäuse, das nichts mehr mit einem Spielzeug gemein hatte. Plötzlich sah auch ich in Bussen und Bahnen viele Menschen, die öffentlich mit dem Nintendo DS spielten. Von Jungs über gestandene Frauen bis hin zu Geschäftsleuten.
Diese Entwicklung lässt sich an den Verkaufszahlen des DS ablesen. Im ersten Jahr verkaufte sich das Originalmodell rund 15 Millionen Mal. Das war bereits ein schöner Achtungserfolg und widersprach den anfänglichen Prognosen diverser Marktbeobachter. Doch mit dem DS Lite explodierte die Nachfrage: Bereits im Fiskaljahr 2007 wurden über 23 Millionen Einheiten abgesetzt. In den Jahren 2008 und 2009 waren es jeweils rund 32 Millionen Einheiten. Insgesamt wurden rund 154 Millionen Einheiten verkauft, damit ist der DS nach der Playstation 2 bis heute die am zweithäufigsten verkaufte Spieleplattform.
Veränderte der DS tatsächlich die Spieleindustrie?
Der DS war der PSP technisch weit unterlegen. Es gab zwar einige relativ beeindruckende 3D-Spiele auf dem Gerät, aber die meisten Spiele waren immer noch in 2D-Pixeloptik gestaltet. Aufgrund des enormen Erfolgs der Konsole wurde der DS von fast allen Entwicklern unterstützt – von AAA-Studios bis hin zu kleinen Indie-Teams. Deshalb ist die Spielebibliothek so riesig. Aber hatte Reggie Recht, als er sagte, dass der DS die Spieleindustrie verändern würde?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns die Marktsituation Mitte der 2000er Jahre vor Augen führen. Zwar gab es schon seit Jahren PDA-Geräte, auf denen auch Spiele liefen, doch handelte es sich dabei meist um sehr kleine, teils krude Produktionen. Smartphones und Tablets, wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Insofern war der Touchscreen des DS durchaus etwas Neues. Hinzu kam, dass Nintendo verlangte, dass der Touchscreen in irgendeiner Form genutzt werden müsse, wenn man für den DS entwickeln wollte. Sonst hätte man keine Lizenz bekommen. Das führte teilweise zu den abenteuerlichsten Experimenten, zum Beispiel Jump’n’Runs, bei denen die Spielfigur über den Touchscreen statt über Knöpfe gesteuert wurde.
Es gab aber auch viele Spiele, die tragfähige Konzepte entwickelten, die später auf Smartphones und Tablets nur noch verfeinert werden mussten. Viele Spiele nutzten bereits eine besonders intuitive Benutzeroberfläche, deren Designregeln bis heute Bestand haben. Denn natürlich wollten viele Entwickler nicht nur die Core-Gamer erreichen, sondern auch vom riesigen Casual-Markt profitieren. So wurde auch bei Strategiespielen oder Adventures die Benutzerführung vereinfacht, während man bei entsprechenden Spielen auf dem PC gerne noch mit verschachtelten Menüs konfrontiert wurde.
Natürlich wurden auf dem DS auch viele Genres umgesetzt, die später auf Smartphones durch die Decke gingen – Match-3-Spiele zum Beispiel. Ich würde jedoch argumentieren, dass die größte Errungenschaft des DS eher in der Menüführung der Spiele und der vereinfachten Benutzerführung liegt. Insofern war der DS ein schönes Brückengerät zwischen knopfbasierten Geräten und Touch-Geräten.
Meine Verbindung zum Nintendo DS
Ich persönlich gehörte anfangs zu den Skeptikern. Hinzu kam, dass ich damals viel Spaß mit der Playstation Portable hatte. Das ursprüngliche DS-Modell hat mich damals einfach nicht angesprochen, auch weil ich den Nutzen des Touchscreens noch nicht wirklich einschätzen konnte.
Tatsächlich wurde mein Interesse erst mit dem DS Lite und einem ganz bestimmten Spiel geweckt: New Super Mario Bros. So abgedroschen die NSMB-Formel heute nach all den Ablegern für DS, 3DS, Wii und Wii U auch sein mag, damals war es ein besonderes Gefühl, nach 15 Jahren endlich wieder ein echtes, neues Mario Jump & Run spielen zu können und zu der Reihe zurückzukehren, mit der ich in die Videospielwelt eingeführt wurde. Nintendo hat mit dem DS viele nostalgische Gefühle in mir geweckt, da viele alte Marken wie Castlevania, Theme Park, Tetris oder Kirby wieder zum Leben erweckt wurden.
Und deshalb ist die Spielebibliothek des DS für mich auch so einzigartig: Einerseits gab es zahlreiche Fortsetzungen alter Marken, andererseits die verrücktesten Gameplay-Experimente, neue starke Serien und tolle Geheimtipps.
Daher freue ich mich schon sehr darauf, euch in den nächsten Monaten an dieser Stelle einen vielfältigen Einblick in die Spielebibliothek des DS zu geben.
Der Nintendo DS hat für immer einen Platz in meinem Herzen. Er ist vermutlich die von mir meistbenutzte Nintendo-Plattform. Und dank Homebrew lief dort sogar ScummVM! Ein Traum. 🙂
Dann bin ich mal gespannt, welche Spiele du dir rausgesucht hast. Ich greife dann gerne korrigierend ein. 😉
Bei der Auflösung ScummVM? Ich weiß nicht recht…
Schade, dass der 3D XL so teuer gehandelt wird. Das Gerät hätte ich gerne noch.
Die Auflösung war doch perfekt für Pixel-Adventures.
Bei mir ist noch ein 2DS im Einsatz, auch kein schlechtes Teil.
Ja, einen 2DS haben wir hier auch. Und dann hat mir ein alter Freund seinen alten Ur-DS geschenkt. Wir kommen also schon irgendwie zurecht.
Na siehst du. Du kannst den DS und den 2DS ja dann zum 3DS zusammenfügen. Problem gelöst.
Meine PS5 hab ich auch so ähnlich zusammen geschraubt. Aber bei der Xbox 360 war das echt anstrengend – und platzsparend ist es auch nicht.
Der wird teuer gehandelt? Hmmmm, ich hab einen….
Alles richtig gemacht, würde ich sagen 🙂
Der Ds war schon ein tolles Gerät. Vor allem mit 3 M Karte. 😀